Zwei Sprachen ein Multiversum

Zweisprachig zu schreiben, das klingt für viele spannend. In der Realität ist es anders – aber offenbar doch ungewöhnlich, denn ich werde oft gefragt, wie das eigentlich läuft, wenn man ein Buch in zwei Sprachen schreibt. 
Da ich in dieser Rubrik einen Blick hinter die Kulissen werfen möchte, dachte ich, das ist ein interessantes Thema – obwohl ich niemandem nahelegen möchte meinen Prozess zu kopieren – es ist einfach verdammt viel Arbeit 😉

Hier sind die häufigsten Fragen und meine Antworten darauf:

Wie fühlt es sich an in zwei Sprachen zu schreiben?

Nach dem, was es ist: sehr viel Arbeit. Aber es gibt mir die Sicherheit, das in beiden Sprachen wirklich das drinsteht, was drinstehen soll. Ich habe so viele Übersetzungen gesehen, die einfach nicht gut, bis unterirdisch sind, dass ich das mir und meinen Lesern nicht zumuten möchte. Ich übersetze selbst und kann dann auch sagen, beides sind meine Bücher. Vielleicht kommen irgendwann andere Sprachen dazu, aber die Bücher sind komplex und es ist mir wichtig korrekte Übersetzungen zu haben – das geht nicht mal eben mit einem Übersetzungsprogramm – zumindest nicht für meinen Anspruch.

Warum schriebe ich überhaupt in zwei Sprachen?

Auf einer geschäftlichen Ebene ist es logisch: Reichweite, der deutschsprachige Markt ist groß, aber der englischsprachige natürlich größer. Darüber hinaus sind die meisten meiner Kontakte im englischsprachigen Raum und meine befreundeten Autoren auch - es wäre also dumm das nicht zu nutzen.

Aber – und das ist nicht der unwichtigste Teil – ich mache es auch, weil ich es kann.

Die Unterschiedlichkeit der Sprachen macht es nicht immer leicht, aber es ist auch interessant. Ich mag den Ton. Ich mag, wie Formulierungen dort klingen. Und ich mag die Herausforderung, denselben Gedanken auf zwei Arten so präzise wie möglich in Sprache zu fassen. Es ist Arbeit, ja. Aber es ist Arbeit, die sich lohnt.

Wird das weniger Arbeit, wenn man es ein paar Mal gemacht hat?

Nein. Man wird lediglich weniger überrascht davon, wie lange Dinge dauern 😉

Warum beide Sprachen gleichzeitig?

Weil ich gerne ein Buch „komplett“ rausbringen will, bevor das nächste kommt – deshalb auch in beiden Sprachen ebook, gedruckte Ausgabe und Hörbuch – ja, auch in beiden Sprachen.

Denkst du zuerst auf Deutsch oder auf Englisch? Oder beides?

Ich denke in der Sprache, in der ich gerade schreibe – beim Schreiben ist es so dass ich die Gedanken oft erst bewusst wahrnehme, wenn sie auf dem Papier oder Bildschirm erschienen – ich denke beim Schreiben nicht über die Sprache nach.

Wie läuft mein zweisprachiger Schreibprozess konkret ab?
Es gibt nicht so etwas wie einen zweisprachigen Schreibprozess bei mir. Ich schreibe meine Manuskripte immer zuerst auf Deutsch. In erster Linie, weil es eben meine Muttersprache ist und daher meine Bandbreite vor allem, was die Wortwahl betrifft, um einiges größer ist als im englischen. Wenn das Buch inhaltlich komplett ist, und nach einer ersten Überarbeitung, übersetze ich selbst in Englisch. Ab diesem Punkt geht es in beiden Sprachfassungen parallel weiter: Feinheiten, Tonalität, Übergänge, Rhythmus – ich arbeite sie in beiden Versionen gleichzeitig aus.

Wofür brauchst du zwei Sprachen – erlaubt die eine etwas, was die andere nicht kann?

Ich wüsste nichts, was nur eine der Sprachen kann – sie machen Dinge nur unterschiedlich – das ist gerade bei der Verwendung von Wortspielen recht aufwendig gelegentlich und der Hauptgrund, warum ich für meine englischen Text eine amerikanische Muttersprachlerin als Copy Editor habe, nicht „nur“ ein Korrektorat wie für das deutsche Buch. Nicht, weil ich die Sprache nicht beherrsche, aber in der englischen Fassung gibt es immer wieder Schnitzer bei Redewendungen oder eben Wortspielen, die mein Editor aufspüren muss und die ich dann noch korrigieren kann.

Und zum Schluss kommt fast immer – verständlich nach den vorherigen Antworten – diese Frage:

Willst du damit für all diese Bücher so weitermachen?

Von der Einschränkung Lyrik abgesehen ganz klar JA!
Mir macht Sprache Spaß – Worte, Kommunikation, Denken, der Austausch von Ideen, das Entwickeln von Geschichten, das Lösen von Rätseln, das Spielen mit Bedeutung. Und das tut es in beiden Sprachen.

Aber mehr als alles andere bin ich eine Geschichtenerzählerin. Und Geschichten erzählt man immer wieder anders, je nachdem, wem man sie wann erzählt. Manchmal einem Kind, manchmal einem Physiker, manchmal auf Deutsch – manchmal auf Englisch.

Aber immer geht es im Kern darum, jemandem mit einer Geschichte die Tür zu einer anderen Welt zu öffnen.


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