Auszug aus dem Fast vollständigen Leitfaden zu Zerfall, Unordnung und der Frage, ob das wirklich schlimm ist, 2. korrigierte Auflage
Entropie
Substantiv | /ɛnˈtʁoːpi/
Das Maß dafür, wie sehr alles im Laufe der Zeit in Richtung Unordnung tendiert – inklusive deiner Schubladen, deiner To-do-Listen und deiner Frisur.
Wird gerne als „das Chaos nimmt zu“ beschrieben, was zwar dramatisch klingt, aber ungefähr so präzise ist wie die Aussage „Wasser ist irgendwie nass“.
In der Thermodynamik beschreibt Entropie die statistische Wahrscheinlichkeit, dass Systeme von einem unwahrscheinlichen (geordneten) Zustand in einen wahrscheinlicheren (ungeordneteren) wechseln. Praktisch heißt das: Ein Puzzle sortiert sich nicht von selbst, aber es zerfällt zuverlässig, wenn man die Schachtel einmal kräftig schüttelt.
Achtung: Entropie ist keine böswillige Kraft. Sie ist eher der stille Vertragspartner des Universums, der dich freundlich daran erinnert, dass jedes System irgendwann in sich zusammenfällt.

Beispiele aus dem Alltag:
– Milch im Kaffee: nie wieder trennbar, egal wie sehr du rührst.
– Dateien auf dem Desktop: entwickeln mit der Zeit ihre eigene Geometrie.
– Beziehungen: siehe Thermodynamik dritter Hauptsatz – am stabilsten, wenn beide Seiten gleichgültig sind.
Missverständnisse:
Entropie bedeutet nicht „alles wird schlechter“. Es bedeutet nur: alles wird wahrscheinlicher verteilt (okay, wenn man stinkreich ist, bedeutet es vermutlich, dass alles schlechter wird). Ein aufgeräumtes Zimmer hat weniger Möglichkeiten als ein unaufgeräumtes – deshalb gewinnt am Ende das Unaufgeräumte, auch bekannt als „Das Zimmer meines Teenagers erklärt die Thermodynamik besser als jedes Physikbuch“.) Auffällig ist, dass sich manche Systeme - nicht unähnlich den Teenagern, wenn auch mit anderen Vorzeichen - hartnäckig weigern, das Auseinanderfallen zu akzeptieren. So halten Tupperdosen-Deckel in Schubladen oft erstaunlich treu an ihren Gefäßen fest – fast so, als ob die Materie selbst gegen das Gesetz der Entropie protestieren wollte. Man könnte meinen, der Widerstand gegen das Chaos sei universell.¹
Kosmische Dimensionen:
Im Großen bedeutet Entropie, dass das Universum sich auf einen „Wärmetod“ zubewegt – einen Zustand maximaler Gleichverteilung, in dem nichts Interessantes mehr passiert.
Im Kleinen bedeutet es, dass Batterien immer dann leer sind, wenn du sie wirklich brauchst.
Philosophische Deutung:
Ordnung ist eine menschliche Erfindung. Entropie ist die Erinnerung daran, dass wir selbst Teil eines Systems sind, das Veränderung nicht nur zulässt, sondern erzwingt.
Was wir „Verfall“ nennen, könnte auch einfach die Transformation in einen neuen Zustand sein. Aus Staub wird Stern, aus Stern Staub, und zwischendurch schreiben Menschen Bücher darüber.
Wenn alles zerfällt: Vielleicht liegt die eigentliche Kunst nicht darin, den Verfall aufzuhalten, sondern darin, ihn zu gestalten.
Frage zum Mitnehmen:
Ist Entropie also der Feind – oder nur der Hinweis, dass Ordnung eine Momentaufnahme ist?
Meine Oma hat immer gesagt „Das ist nicht unordentlich, nur gut verteilt.“ Sie hat zwar vermutlich nicht das Universum gemeint, aber ich kann damit leben.
¹ Thermodynamik im Haushalt: Entropie tritt am stärksten dort auf, wo Ordnung eigentlich Pflicht wäre – Tupperdosen-Schubladen, Kabelkisten und Werkzeugkästen. Physiker nennen es „zweiter Hauptsatz“. Familien nennen es „Der Fluch des passenden Deckels?!“.
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