Ethik des freien Willens

Interview mit Dr. Imogene G., Neuroingenieurin am MIT 
Das Gespräch führte … Randy S. Meyers 

Meyers: Dr. Imogen G., mir wurde gesagt das Sie so angesprochen werden wollen, dahinter steckt bestimmt eine interessante Geschichte, oder? 
… die Sie uns offenbar heute nicht verraten wollen, okay. Dann zunächst vielen Dank, dass Sie bereit sind, im Anschluss an die Aussagen von Dr. Nicholas Morris ebenfalls ein Gespräch zu führen. Bevor wir auf die Kontroverse eingehen, lassen Sie uns ganz am Anfang beginnen: Könnten Sie unseren Lesern bitte einmal ganz einfach erklären – was genau ist Neuroengineering?

Dr. G: Stellen Sie sich vor, Sie sind vier Jahre alt. Sie haben Bauklötze, ein paar Drähte und eine Batterie. Ihr Gehirn ist genau das. Neuroengineering hilft zu verstehen, wie Sie mit diesen Teilen spielen können, um Schnittstellen zu bauen, die Defekte reparieren, Signale verbessern oder neue Funktionen ermöglichen. Damit Sie mit ihren Bauklötzen auch Morgen noch etwas Schönes bauen können. War das einfach genug?

Meyers: Das war reizend. Aber lassen Sie uns über Dr. Morris sprechen. Er hat kürzlich in einem Interview seine Sorge geäußert, das mit dem Fortschreiten der Technologie die Forscher nicht mehr bereit seien, ethische Grenzen zu respektieren, die ihr Leben mehr mit Maschinen als mit Menschen verbringen. Als Beispiele führte er Ihr aktuelles Projekt der BCI-Stimulation in einer Maschine an, mit der Sie laut Dr. Morris auch reden würden. Können Sie …

Dr. G: Sie wollen mir jetzt aber nicht erzählen, dass Sie nicht mit ihrem Handy reden? Oder ihrer Alexa? Oder sich wünschten Sie hätten auch schon so einen Wagen mit Vollleitsystem? Mit denen zu reden ist okay, aber mit einer Maschine, die vermutlich mehr Hirn hat als die Menschen, die sie untersucht nicht?

Meyers: Ich muss zugeben die Vollleitsysteme haben es mir angetan – und unser Kühlschrank hat einen Namen. Und ja ich denke das ist völlig normal. Aber zurück zu Dr. Morris und seiner Kritik an Ihrer Haltung und Ihrem BCI-Projekt. Erläutern Sie uns bitte Ihren Standpunkt dazu.

Dr. G: Es handelt sich hier nicht um einen Standpunkt. Es ist mein Leben und meine Forschung. Und es sind Fakten, objektive Tatsachen und die sind nicht "Ansichtssache". Tatsache ist auch folgendes: Ich habe einmal Dr. Morris’ Studien gestoppt, weil er Probanden ohne Einwilligung Risiken ausgesetzt hat. Tatsache ist: Genau deshalb hat die Association for Integrity and Truth mich eingeladen, Mitglied zu werden. Ich sorge seitdem in dieser Stiftung mit für mehr Ethik und Transparenz in der Wissenschaft. Das ist überprüfbar, nicht verhandelbar - und ich bin sicher das keiner meiner Kollegen etwas anderes behaupten würde.

Meyers: Ich denke da haben Sie recht. Dann lassen Sie uns über Ethik sprechen. Wenn man Schnittstellen zwischen Gehirn und Maschine baut – wer entscheidet eigentlich, wo die Grenze liegt? Und wie verhindern Sie, dass aus Heilung Manipulation wird?

Dr. G: Die Grenzen wovon, bitte? Der Technik? Der Verantwortung? Oder meinen Sie die Grenzen Ihrer Vorstellungskraft? Wenn Sie schon über Ethik sprechen, präzisieren Sie erst, was Sie ethisch bewerten wollen.
Aber ich kann Ihnen sagen, wo für mich die ethische Grenze liegt – Grenze, Singular, keine Ahnung wieso es da mehrere geben sollte, eine für Sontags, oder was?
Für mich ist die Grenze der freie Wille eines jeden Menschen - wer die Grenze ignoriert, verliert jedes moralische Fundament.

Die Grenze hat nichts mit der Maschine zu tun. Die Grenze ist der Mensch. Heilung und Manipulation unterscheiden sich nur durch eines: Zustimmung. Wenn jemand mir erlaubt, sein Gehirn zu reparieren, ist das Medizin. Wenn jemand ohne Wissen verändert wird, ist das Missbrauch. Es gibt nichts dazwischen.

Meyers: Aber wer entscheidet, ob jemand wirklich frei zustimmt? Menschen lassen sich doch beeinflussen – durch Angst, durch Versprechen, durch Druck. Ist das noch freier Wille?

Dr. G: Aber auch das ist doch ihre freie Entscheidung – welchen Unterschied macht es für die Freiwilligkeit, ob der Antrieb für eine Entscheidung Angst oder Mut, Liebe oder Hass ist? Es ist dennoch eine Entscheidung. Also, um in dem Bild mit dem BCI-Chip zu bleiben: angenommen ein Patient hat die Diagnose das er ohne einen „Hirnschrittmacher“ sehr wahrscheinlich bald an einem seiner Anfälle stirbt – das aber die Implantation des Chips ihn umbringen könnte – aber wenn die Operation gelingt, könnte er ein ganz normales Leben führen. Der Patient entscheidet welchen Weg er beschreitet – und möglicherweise maßen Sie oder Dr. Morris sich an zu urteilen, welche Entscheidung auf Mut und welche auf Angst basieren würde – ich tue es nicht – aber ich respektiere die Entscheidung, die der Patient trifft.

Meyers: Dem habe ich nichts hinzuzufügen, als Ihnen für Ihre klaren Worte zu danken Dr. G. Ich würde mir zwar nicht wünschen, dass Sie eine Rede auf meiner Hochzeit oder sogar meiner Beerdigung halten – aber wenn es um die Vertretung meiner Rechte als Mensch mit einem einigen Willen geht, dann haben Sie meine Stimme.


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