… Kommunikation

Es gibt da einen Satz, den ich jeden Tag mehrfach zu meiner Frau sage … ja, den auch, aber den meine ich nicht 😉 
Ich meine einen, der sie manchmal echt auf die Palme bringt.
Ich sage „Erzähl mir was.“ 
An manchen Tagen nervt sie das total, dann fragt sie was sie denn erzählen soll, es gäbe doch nichts Neues. 
Ja, ist mir klar – oder zumindest, dass sie das denkt. Aber das meine ich auch nicht. Wenn ich sage „Erzähl mir was“, dann bedeutet das, ich möchte kommunizieren. Nicht über etwas bestimmtes, nicht um etwas zu erfahren … sondern weil – ja, warum eigentlich? 
Warum haben wir das Bedürfnis zu kommunizieren?  
Ein Bedürfnis, das so stark ist, dass wir in Ermangelung eines Gegenübers auch mit Haustieren, Bäumen oder unseren Haushaltsgeräten sprechen.

Vielleicht hat es mit Sicherheit zu tun. Kommunikation schafft Orientierung. Wer spricht, ist berechenbarer. Sprache, Tonfall, Tempo – all das hilft dabei, eine Situation einzuschätzen. Kommunikation macht die Welt ein Stück weniger bedrohlich.
In einer unübersichtlichen Umgebung kann schon ein belangloser Satz ein Anker sein. Reden ordnet – selbst wenn das Gesagte kraus ist. Und Ordnung, so unperfekt sie auch sein mag, bietet Halt, in einer Welt, die oft wenig durchschaubar erscheint, ist Ordnung ein Wert.

Doch Sicherheit allein erklärt es nicht.
Hinter dem Wunsch zu kommunizieren steckt oft das Bedürfnis, gesehen zu werden. Wer kommuniziert, hofft oft auf mehr als Reaktion: auf Resonanz. Auf das Gefühl, dass da draußen jemand ist, der nicht nur zuhört, sondern versteht. Oder wenigstens akzeptiert.

Aber Kommunikation gibt uns nicht nur Sicherheit – sie gibt uns Bedeutung. Oder die Hoffnung, Bedeutung zu haben. Denn wenn ich spreche, und jemand hört zu, dann bin ich mehr als ein Gedanke in meinem eigenen Kopf. Ich rede und jemand hört es – also bin ich kein Baum, der alleine im Wald umfällt, und nicht weiß, ob es jemand hört.

Gesehen, verstanden, vielleicht sogar angenommen zu werden – das ist mehr als ein schönes Gefühl, das ist ein menschliches Grundbedürfnis. Und manchmal reicht dafür ein Satz, ein Blick, ein Tonfall.

Und selbst wenn niemand zuhört, bleibt Kommunikation ein Mittel, um überhaupt zu wissen, wer man ist. Ich rede nicht immer, um verstanden zu werden – oft rede ich, um mich selbst zu verstehen. Um zu hören, was ich denke.
Ein Gedanke wird erst durch das Sprechen greifbar. Vielleicht sind Krause Gedanken ja auch deshalb entstanden – nicht, um Antworten zu geben, sondern um den Fragen eine Form zu geben, die sich beim Sprechen herauskristallisiert.

Manchmal hat Kommunikation keinen erkennbaren Zweck.
Sie ist kein Werkzeug, sondern ein Lebenszeichen. Ein Ich-war-hier in die Wand der Welt gekratzt.
Und wenn das nicht mehr möglich ist – wenn niemand spricht, niemand zuhört, niemand antwortet – dann wird es gefährlich.
Dann verlieren wir Orientierung, Halt, Vertrauen. In andere, in uns selbst, in die Welt.
Darum ist es gesünder, mit einer Katze zu sprechen, als zu schweigen – selbst wenn sie keine Antwort gibt. Oder vielleicht gerade deshalb.

Kommunikation ist überall – nicht nur bei Menschen.
Überall wird gesprochen, gedeutet, gesendet, empfangen: in Farben, Gerüchen, Geräuschen, Wellen, Temperatur, Licht, Berührung – und sogar in Stille.
Kommunikation ist kein Privileg der Sprache – sie ist eine Art, in Beziehung zu treten.
Ein Vogel, der singt, kommuniziert. Eine Pflanze, die sich zum Licht neigt. Selbst ein Blitz, der vom Himmel in die Erde fährt, könnte man als Gespräch deuten.
Blitz: „Mann, warum ist es so verdammt kalt hier oben?“
Erde: „Dann komm halt runter, du Weichei.“
Blitz (kracht in einen Baum): „Wen nennst du hier Weichei?“

Auch das ist Kommunikation. Vielleicht etwas hitzig, aber definitiv mit Nachhall.

Vielleicht ist es das, was alles Lebendige verbindet: der unablässige Versuch, wahrgenommen zu werden – und auf etwas zu antworten.

Als hätte etwas zum Universum gesagt:
„Erzähl mir was.“
Und wir lauschen noch immer dieser Geschichte.


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